Frühzeitiges Angehen von Design- und Fertigungsproblemen
Geometrische Prüfung von Kleinteilen mit CT-Scannern und PolyWorks®
Für die Prüfung und Funktionsanalyse von kleinen spritzgegossenen Bauteilen und Baugruppen ist eine völlig neue Denkweise erforderlich. Heute werden unkonventionelle Hardware- und Software-Tools in einer einzigartigen Kombination eingesetzt, die bei der Maßprüfung kleiner und komplexer geometrischer Formen bessere und leichter verständliche Ergebnisse liefern. In diesem Artikel wird beschrieben, wie Bolton Works die PolyWorks-Suite zur Durchführung einer virtuellen Baugruppe mit gescannten Komponenten und CAD-Modellen verwendet hat, so dass die Spezialisten Konstruktions- und Fertigungsprobleme bereits in einem frühen Stadium angehen können. Anhand einer Fallstudie über die Pneutronics Division des Miniaturventil- und Pumpenherstellers Parker Hannifin wird in diesem Artikel erläutert, wie CT-Scanner zur effizienten Messung kleiner Merkmale und zur Durchführung verschiedener Qualitätskontrollaufgaben, wie z. B. der geometrischen Bemaßung und Tolerierung, eingesetzt werden können.
Die Herausforderung
Mit dem Aufkommen besserer Konstruktionswerkzeuge und Materialien versuchen die Ingenieure, mehrere Funktionen in Spritzgussteile zu integrieren. Auf diese Weise werden die Gesamtkosten, die Montagezeit und die Zuverlässigkeit der Baugruppe verbessert. Leider haben sich „berührende“ Messwerkzeuge wie Messschieber, Lehren oder KMGs (Coordinate Measurement Machines) als uneffektiv erwiesen, wenn es darum geht, kleine Komponenten (< 25 mm) mit Merkmalen kleiner als 1 mm zu messen.
Hier sind einige der Gründe dafür:
- Mechanische Messtaster haben aufgrund ihrer Trägheit der Geschwindigkeit, mit der sie arbeiten können, Grenzen und begrenzen daher die Anzahl der abgetasteten Datenpunkte.
- Die Geometrie, die durch die Verwendung von Schiebern und Einsätzen in der Spritzgussform entsteht, erzeugt oft Hinterschneidungen, die mit herkömmlichen Werkzeugen in einer einzigen Aufspannung nicht erreicht werden können.
- Die Größe eines Messtasters begrenzt die Größe der Merkmale, die gemessen werden können.
- Ein KMG muss wie eine CNC-Werkzeugmaschine programmiert werden, um den Messtaster in den gewünschten Bereich zu bringen und dabei die Spannvorrichtung, die das Teil hält, zu umgehen.
- Handmessmittel, optische Komparatoren, Mikroskope usw. arbeiten alle in 2 Dimensionen. Diese Instrumente arbeiten in planaren Schnitten und bieten keine Informationen darüber, wie sich die gemessenen Merkmale zu anderen Merkmalen im 3D-Raum verhalten, was ein großer Nachteil ist, wenn Bezugspunkte verwendet werden müssen.
Die Lösung
Umstellung auf CT-Scanner
Pneutronics, ein Geschäftsbereich der Parker Hannifin Corporation (Hollis, NH), entwickelt und fertigt Miniatur-Magnetventile, Miniatur-Membranpumpen und Systemlösungen für kritische Strömungsanwendungen. Die Produktlinie der Pneutronics-Ventile umfasst Miniatur-Digital-, Proportional- und Multi-Media-Magnetventile mit Öffnungsgrößen von 0,003" bis 0,250", die in einer Reihe von medizinischen Technologien und analytischen Instrumenten eingesetzt werden.
Im Jahr 2003 war Pneutronics auf der Suche nach einer Technologie, die es ermöglichen würde, ein Ventil zerstörungsfrei zu analysieren. Dieses Produkt, XValve®, ist ein pneumatisches Zwei-Positionen-Drei-Wege-Miniaturventil (24 mm x 8 mm x 9 mm), das aus einem glasgefüllten Polymer-Ventilgehäuse, einem Edelstahlkern, einem Edelstahl-Stellantrieb, einem Stößel mit Elastomerdichtung und einem Magneten besteht.
Die Suche nach einer Lösung, die sowohl die Kunststoff- als auch die Silikongummikomponenten genau messen kann, war eine wichtige Voraussetzung für die Entscheidung für diese Technologie. Der Entwicklungsingenieur von Pneutronics, Drew Brenner, untersuchte viele Möglichkeiten, bevor er sich an Bolton Works und dessen CT-Scanning-Service wandte, um einen vollständigen „digitalen“ Nachweis des Messverfahrens zu erstellen.
CT-Scanner (Computertomographie) werden in der Industrie und in der Medizin eingesetzt, um Informationen sowohl von der Innen- als auch von der Außenseite eines zu untersuchenden Objekts zu erfassen. Ein CT-Scanner besteht aus einer Röntgenquelle, einer Vorrichtung, die das Objekt hält, und einem Detektor. Ein CT-Scanner misst die Abschwächung der Röntgenstrahlen, die ein Objekt durchdringen, und erstellt einen vollständigen 3-dimensionalen volumetrischen Datensatz. Das digitalisierte Modell besteht aus sehr dichten Punktwolken, die mehrere Millionen Punkte umfassen können.
Um diese große Menge an Informationen zu verarbeiten, wandte sich Bolton Works an PolyWorks, die Softwarelösung von InnovMetric zur Verarbeitung von Punktwolken. Nach mehreren Jahren der Punktwolkenverarbeitung in der Automobil- und Luftfahrtindustrie hat sich PolyWorks als das robusteste Softwarepaket erwiesen, das in der Lage ist, die von CT-Scannern erzeugten großen Punktwolken effizient zu verarbeiten.
Durch den Einsatz der CT-Scan-Technologie und von PolyWorks konnte Pneutronics die Produktentwicklungszeit verkürzen, wichtige Erkenntnisse gewinnen und den Prüfprozess rationalisieren.
Der Prüfprozess
1) Teil-Digitalisierung
Um mit dem Materialmix der X-Valve-Baugruppe arbeiten zu können, scannte Bolton Works zunächst das (blaue) Kunststoffgehäuse separat, was zu einem Datensatz von 1500 Bildern mit einem Abstand zwischen den Bildern von 20 μm führte. Die Gesamtgröße des erzeugten Bilddatensatzes betrug 1,8 Gigabyte. Aus diesem Bildstapel wurde ein 3D-Punktwolkenmodell erstellt, das aus etwa 6 Millionen Datenpunkten besteht.
Vorteile:
- Die Vorteile, die sich aus der Erfassung so vieler Datenpunkte ergeben, sind beträchtlich, insbesondere im Vergleich zu herkömmlichen Messverfahren.
- Mit einem einzigen CT-Scan erhielt Pneutronics alle für die Untersuchung des Ventils erforderlichen Daten, so dass der Zeitaufwand für zusätzliche Scans für neue Messungen entfiel.
- Vor allem aber konnte durch die große Anzahl von Datenpunkten die Präzision und Detailgenauigkeit des Modells erheblich verbessert werden, was zu genaueren Konstruktionsdaten und einer vollständigeren Produktanalyse führte.
2) Vergleich mit CAD
Nach dem Scannen und der Erstellung des 3D-Modells wurde der Punktwolkendatensatz mit Hilfe einer Best-Fit-Methode an das 3D-CAD-Modell angepasst. Die Software vergleicht jeden Punkt der Punktwolke mit den CAD-Oberflächeninformationen, erfasst Abweichungen und stellt diese in einer Farbkarte dar.
3) Geometrische Bemmaßung und Tolerierung
Die PolyWorks-Software ermöglichte es Pneutronics, eine geometrische Bemaßung und Tolerierung (F<) durchzuführen und auf effiziente Weise einen mechanischen Zeichnungsstandard zu entwickeln, indem ein auf Bezugspunkten basierendes Referenzkoordinatensystem für die Baugruppe definiert wurde. Es verwendet das 3D-CAD-Modell und extrahiert automatisch Grundelemente, wie z. B. Ebenen, Zylinder und Kegel, aus der Punktwolke. Um die Bezugsebenen für das pneumatische Ventil zu definieren, wurde die Ebene im 3D-CAD-Modell identifiziert. PolyWorks extrahierte dann die entsprechende Ebene aus der Punktwolke, indem es Punkte verwendete, die dieses CAD-Merkmal innerhalb eines Abstands von 0,25 mm umgaben. Außerdem wurden Punkte ausgeschlossen, deren Normalen nicht innerhalb eines Toleranzbereichs von 20 Grad um die Oberflächennormale lagen. Durch diesen Filterungsprozess wurde aus den Millionen von gescannten Datenpunkten ein korrekter Bezugspunkt konstruiert. Die anfängliche beste Anpassung dient daher nur dazu, die Punkte so auszurichten, dass die Software die Punkte finden kann, die die Bezugspunkte und andere Merkmale bilden.
Die Zeichnung zeigt, wie sich die extrahierten Bezugspunkte, Zylinder, Ebenen usw. zueinander verhalten. In der Zeichnung sind die Toleranzen mit maximalen/minimalen Materialbedingungen angegeben. Diese Beziehungen werden in die Polyworks-Inspektionssoftware eingespeist. Dies ist von entscheidender Bedeutung, denn wenn in der Zeichnung festgelegt ist, dass ein Zylinder an den Bezugspunkten A, B und C positioniert werden soll, sollte die Software die Punktwolke virtuell entsprechend ausrichten. Nach der Extraktion der gewünschten Merkmale und dem Vergleich mit den in der Zeichnung definierten Merkmalen werden die Informationen zu Dokumentationszwecken im Excel-Format ausgegeben.
4) Virtuelle Montage
Pneutronics wollte bestimmte Leistungsmerkmale des X-Ventils verbessern und benötigte einen genauen F<-Bericht, der den aktuellen Stand der kritischen Abmessungen aufzeigt. Brenner beschloss, die Wechselwirkung zwischen den Edelstahl- und Gummikomponenten und dem Kunststoffgehäuse zu untersuchen. Die Ventilbaugruppe besteht aus Bauteilen verschiedener Materialien, darunter Kunststoff, Gummi, Edelstahl und Kupferleitungen. Alle diese Materialien haben eine unterschiedliche Dichte, was bedeutet, dass der CT-Scan für jede Komponente unterschiedliche Energieniveaus verwenden musste. Es war nicht machbar, die Materialien für einzelne Scans zu segmentieren und dann zu versuchen, sie zu einem genauen Modell zu rekonstruieren. Es wurde beschlossen, einen anderen Ansatz zur Visualisierung der Montage zu verwenden.
Die zylindrischen Teile aus rostfreiem Stahl wurden mit herkömmlichen Werkzeugen wie Komparatoren und Messschiebern gemessen. Nach der Bestätigung, dass sie innerhalb der Toleranzen lagen, wurde das Teil in PolyWorks virtuell zusammengebaut, indem die CAD-Modelle der rostfreien Zylinder und des Gummiventils in 3D mit den gescannten Daten des Gehäuses überlagert wurden.
Der virtuelle Zusammenbau validierte den Entwurf geometrisch und bestätigte, dass das Ventil wie vorgesehen schließen sollte. Da das Design nun validiert war, wurde der Schwerpunkt der Untersuchung auf den Montageprozess gelegt.
Ein CT-Scanner mit höherer Spannung wurde verwendet, um nur die Metallteile sichtbar zu machen. Die Scans ergaben, dass sich der Aktuator, wenn er in das Gehäuse gedrückt wurde, aus der Ausrichtung bewegen konnte. Daher war eine Überarbeitung des Montageprozesses erforderlich.
Die geometrische Inspektion und die virtuelle Montage trugen wesentlich zum Verständnis des Zusammenspiels der Komponenten bei und ermöglichten es Pneutronics, sich auf den Montageprozess und nicht auf den Entwurfsprozess zur Verbesserung des Ventils zu konzentrieren.
Automatisierung und Berichte
PolyWorks bietet eine leistungsstarke Skriptsprache, mit der Fachleute ganze Prüfaufgaben automatisieren können. Alle bisher in diesem Artikel beschriebenen Aufgaben können automatisiert und mit einem Mausklick ausgeführt werden. Es genügt, die nächste Punktwolke zu laden und die Ergebnisse in einer Excel-Tabelle auszugeben oder auf einen Webserver im HTML-Format hochzuladen. Dieser Automatisierungsgrad ist besonders hilfreich bei der Prüfung von Werkzeugen mit mehreren Kavitäten. Bolton Works verwendet PolyWorks seit 2003 zur automatischen Erstellung von Inspektionsberichten aus CT-Scandaten.
Die Vorteile
Wie die Ergebnisse bei Pneutronics zeigen, erwies sich das CT-Scannen als kosteneffizienter Weg zur Einführung eines praktikablen Prüfverfahrens für Miniaturventile. Die Verwendung herkömmlicher „Kontakt“-Messinstrumente hatte sich als schwierig erwiesen. Durch den Einsatz eines CT-Scanners in Kombination mit den richtigen Softwaretools konnte bei Pneutronics ein vollständiger digitaler Prüfprozess eingeführt werden, der in verschiedenen Phasen des Fertigungsprozesses (Entwurf, Prototyp, Produktion und Montage) eingesetzt werden kann. Diese Prüfmethode erwies sich als sehr effektiv bei der Validierung von Teilen durch globale Analysen, F<-Messungen und virtuelle Montage.
PolyWorks hat sich aus verschiedenen Gründen als das am besten geeignete Werkzeug für die Bearbeitung von CT-Scannerdaten erwiesen:
- PolyWorks verarbeitet sehr effizient die großen Datensätze (2 GB), die von CT-Scannern erzeugt werden.
- PolyWorks bietet sofortige globale Analysen durch Daten-zu-CAD-Vergleiche.
- PolyWorks verfügt über eine einzigartige eingebettete F<-Technik, um zu überprüfen, ob die Teile den neuesten (ASME Y14.5M-1994) Normen entsprechen.
- PolyWorks ermöglicht es den Anwendern, gescannte Daten mit CAD-Modellen „virtuell zusammenzusetzen“.
- PolyWorks bietet eine leistungsstarke Skriptsprache zur Automatisierung von Inspektionsprozessen.
CT-Scanner erfordern eine beträchtliche Kapitalinvestition. Durch die Bereitstellung von CT-Scans als Dienstleistung hat Bolton Works die Technologie erschwinglich gemacht und ermöglicht es seinen Kunden dennoch, ihre Analysen auf der Grundlage der Punktwolke und mit Hilfe der PolyWorks-Softwarelösung selbst durchzuführen.